Vorgehensweise und Methode
Art der Erfassung
Es werden keine Quartiere aufgesucht und es werden auch keine Tiere zur Bestimmung gefangen, diese Tätigkeiten würden eine Genehmigung der Naturschutzbehörde erfordern und sind Fachspezialisten vorbehalten.
Es kommen daher ausschließlich akustische Erfassungen der Fledermausrufe für diese Arbeit in Frage. Durch die Verwendung von Ultraschalldetektoren und Aufnahmegräten wird keine Fledermaus und auch kein Fledermausquartier gestört.
Wir unterscheiden zwischen folgenden Erfassungen:
- Detektor-Begehung bzw. Bat-Walk: Methodische und großräumige Begehungen mit Ultraschall-Detektor, mit Aufnahme- und GPS-Gerät entlang ausgewählter Trassen im Untersuchungsgebiet.
- Stationäre Erfassung bzw. Bat-Observation: Örtliche Beobachtung an ausgewählten Standorten oder zufällige Begegnungen mit Fledermäusen im Gelände.
- Fledermaus-Monitoring bzw. Bat-Monitoring: Das Aufnahmegerät verbleibt über Nacht an ausgewählten Standorten.
Bat-Walks und Bat-Observations werden ab Sonnenuntergang und in der Regel in der ersten Nachthälfte durchgeführt. Ab 2017 werden auch Erfassungen mit dem Bat-Monitoring von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang und über mehrere Nächte hinweg möglich sein.
Zeitraum der Erfassung
Datenerfassungen werden während der gesamten aktiven Zeit im Jahresverlauf durchgeführt. Die Flugaktivität der Fledermäuse startet in etwa ab März und dauert bis in den Oktober hinein, bis dann die Tiere sich zum Winterschlaf in das Winterquartier zurückziehen.
Die genaue Dauer der aktiven Zeit ist von den Wetterbedingungen, dem Nahrungsangebot und von der Fledermausart abhängig. Auch ist diese Zeit nicht besonders klar abzugrenzen. So registrierten wir bereits im Januar einige Fledermausrufe bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Systematische Erfassungen werden daher in der Regel erst ab einer nächtlichen Temperatur von 10 Grad Celsius durchgeführt.
Genereller Ablauf
Datenerfassung
Fledermausrufe werden mit einem Ultraschalldetektor (Mischerdetektor) erfasst und mit Screenshots der Spektrogramme als Bilddatei dokumentiert.
Gleichzeitig werden die Rufe mit einem zweiten Echtzeitsystem automatisiert aufgenommen und als digitale Klangdatei abgespeichert. Für die spätere Georeferenzierung und die Indexberechnung ist es notwendig, dass die Uhren beider Geräte synchron laufen.
Bei allen Erfassungen zeichnet ein GPS-Gerät (handelsübliches Smartphone oder GPS-Maus) im Sekundentakt die jeweilige aktuelle Position mit der jeweiligen GPS-Zeit im Gelände auf.
Darüber hinaus werden die Umgebungstemperatur sowie die Luftfeuchtigkeit kontinuierlich von einem Logger im 10 Minutentakt aufgezeichnet.
Ab 2017 soll eine Angabe zur Windgeschwindigkeit zusätzlich im Datensatz mit aufgenommen werden.
Daten filtern und georeferenzieren
Im Feld entstehen häufig Ultraschall-Aufnahmen, die nicht von Fledermäusen stammen. Daher werden alle Aufnahmen in einem ersten Durchgang am Rechner gesichtet, um brauchbare Aufnahmen von offensichtlichen Falschaufnahmen zu trennen.
Anschließend werden sowohl die Screenshots des Ultraschall-Detektors, als auch die Sounddateien des Aufnahmegeräts mit Hilfe der GPS-Dateien und die jeweiligen Zeitstempel der Dateien georeferenziert. Die Georeferenz wird zusammen mit den anderen Metadaten (Geräteeinstellung, Temperatur, usw...) für jede Aufnahme jeweils in einer Metadatendatei gespeichert.
Einlesen der Daten
Alle Ultraschall-Aufnahmen werden mitsamt der Metadaten in eine Analyse-Software eingelesen und ausgewertet. Dazu werden Spektrogramme aller Rufe erstellt und die zugehörigen Ultraschall-Parameter ermittelt. Die Software liefert dann eine Liste der Fledermausarten, die für die jeweiligen Rufsequenzen in Frage kommen.
Bestimmung der Fledermausarten
Die manuelle Bestimmung der Arten erfolgt dann an Hand der aus der Massenauswertung gewonnenen Daten. Nicht selten müssen die vorgeschlagenen Fledermausarten in einem Ausschlussverfahren verworfen werden und einzelne Aufnahmen noch einmal mit Hilfe von weiterer Analyse-Software genauer betrachtet und korrigiert werden.
Eine wichtige Rolle spielt im Bestimmungsprozess auch der Höreindruck beim verlangsamten Abspielen der Aufnahmen und der Vergleich mit bekannten Referenzaufnahmen von Fledermausrufen. Auch werden beim Durchhören sogenannte Sozialrufe gefunden, die wiederum die Artbestimmung erleichtern, weil sie zumindest in manchen Fällen arttypisch sind.
Direkte Feldbeobachtungen können zur Bestimmung mit herangezogen werden. So können z.B. die Größe der Tiere oder das Flug- und Jagdverhalten entscheidende Bestimmungshilfen sein.
Auswertung und Berichterstellung
Alle Bestimmungsergebnisse werden dann mit sämtlichen Aufnahme- und Rufdaten in eine zentrale Datenbank überführt. Damit können Daten zusammengeführt werden, um damit gezielte statistische Auswertungen zu erstellen und die Bestimmungsergebnisse zu prüfen.
Diese Vorgehensweise erlaubt, zum Beispiel, die Ermittlung von Mittelwerten der Ultraschallparameter, die Ermittlung von Indices für die Fledermausaktivität pro Habitat (siehe auch nächsten Abschnitt) sowie die Berechnung einer Angabe für die Bestimmungssicherheit in Prozent. Einige dieser Daten sind in manchen Fällen arttypisch und können dann zur Plausibilitätsprüfung der Artbestimmung herangezogen werden.
Die letztendlichen Bestimmungsergebnisse werden dann mit Hilfe einer Tabellenkalkulation mit allen wesentlichen Eckdaten für die Berichterstattung grafisch aufbereitet.
Berechnung von Aktivitätsindices
Mit Hilfe einer Tabellenkalkulation werden aus den Daten Aktivitätsindices ermittelt.
Zum einen werden die gewonnenen Daten beider Geräte zusammengeführt, um daraus einen allgemeinen Aktivitätsindex für alle Fledermäuse zu ermitteln. Zum andern werden aus der Datenbank die Bestimmungsergebnisse pro Artengruppe zusammengefasst, um damit einen Aktivitätsindex für die jeweilige Artengruppe zu bestimmen.
Eine Datenkorrelation pro Art (also, die einzelnen Fledermaus-Arten innerhalb der jeweiligen Artengruppen) findet für die Berechnung der Aktivitätsindices nicht statt, um Bestimmungsfehler weitgehend auszuschließen. Weitere Gründe dafür werden auch im Kapitel Grenzen der Untersuchung erläutert.
Kontakt
Alle Ultraschallaufnahmen innerhalb einer fest vorgegebenen Zeit (Zeitklasse) werden zusammengefasst und jeweils als ein Kontakt gewertet. Dadurch werden kurz nacheinander registrierte Rufe nur einmal gewertet, während zeitlich voneinander getrennte Erfassungen zu neuen Zählungen führen. Das Ergebnis ist ein Maß für die Verweildauer der Tiere an einem Ort. Kontakte sind leicht zu errechnen und sind relativ unabhängig von den verwendeten Geräten und den jeweiligen Aufnahmeeinstellungen.
Für alle hier vorgestellten Untersuchungen wird mit einer Zeitklasse von 1 Minute gearbeitet.
Kartierung der Kontakte
Geo-Koordinaten der Kontakte werden in der Tabellenkalkulation aus den georeferenzierten Aufnahmen ermittelt und in einem Geoinformationssystem geladen, um damit die Kontakte in Bezug auf Standorte in Karten darstellen zu können.
Aktivitätsindex pro Gattung
Im letzten Schritt werden die Anzahl Kontakte in Bezug zu einer festgelegten Zeitbasis gesetzt. Die Normierung zu einer festen Zeitdauer erlaubt sinnvolle Vergleiche der Ergebnisse über längere Zeit hinweg, was für ein Langzeitmonitoring unerlässlich ist. Der Vergleich ist auch dann noch möglich, wenn die Laufzeiten der Geräte oder auch die Anzahl der Beobachtungsnächte sich unterscheiden.
Folgende Indices sind für unsere Arbeit sinnvoll:
- Aktivität in Bezug zur Erfassungsdauer: Zeit zwischen Anfang bzw. Ende der Beobachtung. Dieser Index eignet sich für Beobachtungen im Gelände (Detektor-Begehungen und stationäre Erfassungen).
- Aktivität in Bezug zur Nachtlänge: Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. Index für das automatisierte Bat-Monitoring.
Grenzen der Untersuchung
Umfang und Anzahl der Erfassungen
Die Erhebungen sind als Stichprobenuntersuchung zu verstehen. Bedingt durch ehrenamtliche personelle Ressourcen und beschränkte finanzielle Mittel können die Erfassungen von nur einem Beobachter durchgeführt werden. Auch kann das Aufnahmegerät nicht für dauerhaftes oder passives Monitoring über längere Zeiträume hinweg eingesetzt werden.
Stichprobenartige akustische Erfassungen eignen sich zwar gut zur Bestimmung der Artenvielfalt der Fledermäuse im gesamten Untersuchungsgebiet, jedoch reichen Erfassungen in einzelnen Nächten nicht aus, um den Vergleich der Biodiversität verschiedener Standorte zu ermöglichen.
Einige Habitate wurden im Untersuchungszeitraum in zwei oder auch mehreren Nächten begangen, dennoch können aus unseren Erfassungen keine Schlüsse über das Nichtvorhandensein einer Fledermausgattung in einem bestimmten Habitat gezogen werden.
Grenzen der akustische Erfassung
Unterschiedliche Reichweiten der Rufe
Die einzelne Fledermausarten rufen unterschiedlich laut. Fledermäuse der Nyctalus Gattung (Abendsegler) rufen z.B. relativ laut und können unter bestimmten Bedingungen aus einer Entfernung von 100m oder mehr mit dem Detektor gehört werden, während einige Arten, wie z.B. die Gattung Myotis (Mausohren) nur aus wenigen Metern Abstand gehört werden können.
Außerdem rufen Fledermäuse in sehr unterschiedlichen Frequenzbereichen (Tonhöhen). Physikalisch bedingt können hohe Töne nicht so weit gehört werden, wie Töne, die tiefer klingen. Je tiefer eine Fledermaus ruft, umso weiter entfernt kann sie mit dem Detektor registriert werden.
Diese Gegebenheiten führen dazu, dass in den Erfassungen leise Rufe und Rufe in höheren Frequenzbereichen unterrepräsentiert oder gar nicht vorhanden sind. Daher können auch hier keine Schlüsse auf das Nichtvorhandensein einer Art gezogen werden.
Bestimmung der Arten
Bei einigen Fledermausarten ist die genaue Artbestimmung an Hand von akustischen Erfassungen schwierig und oft auch nur auf Ebene der Artengruppe sicher möglich. Insbesondere bei gleichzeitigem Vorkommen von Arten mit hohem Verwechslungspotenzial, wie es z.B. jeweils innerhalb der Gattungen Plecotus (Langohren) oder Myotis (Mausohren) der Fall ist. Auch gibt es eine Reihe Gruppenübergreifende Verwechslungsgefahren, wie es z.B. bei der Vespertillio (Zweifarbenfledermaus) und der Nyctalus (Abendsegler ) der Fall ist.
Die Bestimmungssicherheit steigt jedoch mit der Anzahl und mit der Qualität der Rufaufnahmen. Je mehr statistische Eckdaten aus einer Aufnahmeserie vorliegen, umso besser gelingt die Artbestimmung. Bei stationär aufgenommenen Sequenzen entstehen z.B. öfters mehrere Aufnahmen der gleichen Fledermausart, so dass genügend Daten für eine sichere Bestimmung vorliegen.
Anders bei den Begehungen oder bei einmaligem Kontakt mit einer Art. Im hindernisreichen Gelände (z.B. entlang den Waldwegen) leidet nicht nur die Aufnahmequalität, sondern es werden oft nur wenige Rufe registriert. Während einige wenige Arten dennoch relativ einfach und eindeutig an Hand der Rufe bestimmt werden können, wie z.B. Barbastella (Mopsfledermaus) oder die Pipistrellus (Zwergfledermaus), erfordern andere Aufnahmen Erfahrung und Expertenwissen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn bei seltenen Arten nur sehr wenige Rufsequenzen vorliegen oder wenn die Aufnahmequalität im Feld nicht optimal war. Das war im Wollenberg z.B. bei der Plecotus-Gruppe (Langohrfledermäuse) der Fall.
Weil zumindest die Bestimmung der Artengruppe meist zuverlässig gelingt, wurden die Kontakte bzw. Aktivitätsindices pro Artengruppe und nicht pro Fledermaus-Art ermittelt.
Literaturhinweise zum Thema Rufbestimmung
- „Europäische Fledermäuse“ (Reinald Skiba, 2009)
- Kriterien für die Wertung von Artnachweisen basierend auf Lautaufnahmen
(Koordinationsstellen für Fledermausschutz in Bayern)
Bewertung der Fledermausaktivität
Die akustische Erfassungsmethode liefert keine quantitative Zahlen zu Populationsgrößen, weil zwischen Individuen nicht unterschieden werden kann. Die Fledermausaktivität kann z.B. an der Anzahl Aufnahmen nicht direkt abgelesen werden, weil die Rufe in einer Aufnahme von einem oder auch von mehreren Tieren stammen können. Außerdem sind die Anzahl der Aufnahmen stark abhängig von der Empfindlichkeit und der Einstellung des Aufnahmegerätes. Auch die Anzahl der aufgenommenen Rufe sind kein gutes Maß für die Fledermausaktivität, weil die Anzahl der Rufe einer Fledermaus je nach Verhalten stark variieren kann.
Ein relativ berechneter Aktivitätsindex ist ein Ansatz dieser Problematik Rechnung zu tragen. Ein solcher Index ermöglicht vergleichbare Aussagen über Anzahl und Aufenthaltsdauer der Arten an den jeweiligen Standorten und bietet eine gewisse Unabhängigkeit von den verwendeten Aufnahmegeräten und deren jeweiligen Einstellungen.
Direkter Vergleich von Arten
Die unterschiedlichen Jagdweisen und Ortungsrufe der Arten haben starken Einfluss auf die erhaltenen Daten. Die unterschiedliche Ruflautstärke und die frequenzabhängige Reichweite der Rufe erschweren den artübergreifenden Vergleich. Aus diesem Grund sollten Aktivitätsindizes jeweils nur für eine bestimmte Artengruppe herangezogen werden, um z.B. die Fledermausaktivität zwischen Standorten (Habitatnutzung), zwischen Nächten oder auch zwischen Jahreszeiten oder Jahren vergleichen zu können.
Literatur zu akustische Erfassungsmethoden
- „Akustische Erfassung, Bestimmung und Bewertung von Fledermausaktivität“
(Volker Runkel, Guido Gerding, 2016) - „Handbuch: Praxis der akustischen Fledermauserfassung“
(Volker Runkel, Guido Gerding, Ulrich Marckmann, 2018)
Bestimmungssicherheit im Endergebnis
Die Artbestimmung im Endergebnis ist als subjektives Urteil des Autors zu verstehen. Die jeweiligen Entscheidungen über die Art werden in einem aufwendigen Verfahren nach bestem Wissen und Gewissen getroffen, aber es kann keine Gewähr für die Bestimmung gegeben werden.
Die Prozentzahl der Bestimmungssicherheit im Endergebnis ist lediglich ein berechneter Mittelwert aus den statistischen Daten der Analyse-Software und hat indikativen Charakter.
Die Rohdaten der Aufnahmen werden zusammen mit den Ergebnissen veröffentlicht. Auf diese Weise können alle Bestimmungen von Dritten nachvollzogen und ggf. korrigiert werden.
Auch können die Daten später neu evaluiert werden, wenn z.B. mehr Beobachtungserfahrung und Expertise bei der Analyse gesammelt und bessere Aufnahmetechniken entwickelt wurden.
Daher ist dieser Bericht und das Ergebnis als „Work in progress“ zu betrachten.
FVG, Wetter 01.05.2018