Fledertiere in Not
Vom 7. bis zum 9.4.2017 waren wir auf der BFA 2017 in Wetzlar, einer bundesweiten Fachtagung zum Thema Fledermäuse. Es wurden die neusten Entwicklungen im Fledermausschutz diskutiert.
Das Fazit: unsere Fledermäuse sind gefährdet und kämpfen schwer ums Überleben. Fledermausforscher warnen vor einem starken Rückgang aller Fledermausarten. Betroffen sind nicht nur die ohnehin schon stark bedrohten Arten, wie das Große Mausohr oder die Bechsteinfledermaus, auch die noch häufige Zwergfledermaus könnte es bald weniger zu beobachten geben.
Nahrungsschwund
Es dürfte sich herumgesprochen haben: es gibt immer weniger Insekten, aber über das Ausmaß ist nur wenig bekannt. Neuste Studien belegen einen ungeheuerlichen Rückgang der Insektenmengen. Experten gehen von einem Biomasseverlust von 80% bei Insekten in den letzten 15 Jahren aus.
Damit schwindet die Hauptnahrung aller Fledermäuse dramatisch. Manche Fledermäuse hängen von bestimmten Insekten ab. Fehlen diese zur richtigen Jahreszeit, verschwindet auch die Fledermausart. Der Nabu hat darüber einen Blog-Artikel veröffentlicht.
Vergiftung
Als Folge der intensiven und monotonen Landwirtschaft gelangen Pflanzenschutzmittel und Pestizide in großen Mengen in die Gewässer, wo sie über wassergebundene Insekten in die Nahrungskette der Fledermäuse gelangen. Auch Schwermetalle nehmen Fledermäuse auf diese Weise auf.
Eine weitere Gefahr ist der Einsatz von Holzschutzmitteln bei der Sanierung von Gebäuden, in denen viele Arten ihre Quartiere haben. Die Folgen für die Tiere und ihren Nachwuchs sind gravierend.
Die Forscher berichten von Orientierungsverlust und überdurchschnittlicher Anfälligkeit für tödliche Krankheiten.
Wohnungsnot
Im Wald finden Fledermäuse immer weniger geeignete Quartiere. Manche Arten, wie z.B. die Bechsteinfledermaus, suchen Spechthöhlen in dicken, alten Eichen oder Buchen. Andere Arten, wie die Mopsfledermaus z.B. beziehen Spalten oder abstehende Rinden in stehendem Totholz. In Wirtschaftswäldern fehlen genau diese Bäume.
Wertvolle Fledermaushabitate verschwinden: Alte Bäume mit Spechthöhlen und abstehender Rinde
Viele Arten suchen ihren Unterschlupf bei den Menschen auf Dachböden, an Fassaden, Scheunen oder in Kellern. Doch bei der Sanierung von alten Gebäuden werden Dachböden ausgebaut oder verschlossen. Vergitterungen und moderne Dämmungen lassen selbst für die wenig anspruchsvollen Spaltenbewohner keine einzige Lücke, die als Quartier dienen könnte.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn Gebäude nachts hell erleuchtet werden. Angeleuchtete Ausflugsöffnungen bedeuten für die auf die Dunkelheit wartenden Fledermäuse den Verlust ihrer Quartiere.
Erschwerend kommt hinzu, dass Fledermäuse sich ungemein schwer damit tun, ein neues Quartier zu suchen, wenn das bisherige verloren geht. Viele Fledermausarten beziehen meist über Generationen hinweg das gleiche Quartier und sind eng an ihre Quartiere gebunden.
Flugstraßenschwund im Jagdgebiet
Der industrialisierten großflächigen Landwirtschaft aber auch der zunehmenden Urbanisierung fallen im Zuge von Flurbereinigungen und Straßenbau viele Landschaftsstrukturen zum Opfer. Vor allem Randstrukturen (z.B. Waldsäume oder Wiesen mit Hecken) sind für viele Fledermausarten überlebenswichtig.
Einmal davon abgesehen, dass diese besonders wertvoll für eine Pflanzen und Insektenvielfalt sind, dienen sie den Fledermäusen als Flugstraßen. Für die Nahorientierung mit Ultraschall brauchen sie ein entsprechendes Strukturennetz im Jagdgebiet. Strukturen, wie z.B. bei uns der Warzenbach mit seinen Erlen und Böschungen, werden von Fledermäusen regelrecht als Flugtrassen zwischen Quartier im Dorf und Jagdgebiet im Wald, genutzt.
Eine ganze Fledermauskolonie kann in lebensbedrohliche Lage kommen, wenn eine Flugtrasse vom Quartier zum Jagdgebiet durchschnitten wird.
Windkraft
Die Schlagopferzahlen sind alarmierend. Betroffen sind nicht nur die höher fliegenden Fernwanderer, wie z.B. die Rauhautfledermaus oder die Zweifarbenfledermaus. Auch lokale Arten, wie die Zwergfledermaus fallen Windrädern zum Opfer, wenn die Anlagen an einer der Flugtrassen oder in der Nähe von Quartieren gebaut werden.
Darüber hinaus werden Windkraftanlagen häufiger im Wald gebaut, was zusätzlich mit Quartier- und Jagdhabitatverlusten einhergeht. Auf der Fachtagung wurden in mehreren Vorträgen die Qualität von Fledermausgutachten und die Effektivität von Maßnahmen zur Vermeidung von Schlagopfern diskutiert
FVG, Dienstag, 25.04.2017